Tanja Voosen ist Kinder- und Jugendbuchautorin und schreibt seit ihrem Abitur Geschichten. Sie ist 31 Jahre alt, lebt in der schönen Eifel und wenn sie beim Schreiben mal nicht weiter weiß, lässt sie auch gerne mal ihren Kater Tiger über die Tastatur tanzen. Ideen und Inspiration findet sie überall und sie hofft, eines Tages die Welt mit ihrem Humor ein Stückchen besser machen zu können.
Liebe Tanja, es ist toll, dass du dir die Zeit nimmst, meine Fragen zu beantworten. Ich weiß, dass du sehr viel zu tun hast und schätze es sehr. Vor wenigen Tagen ist dein neuer Jugendroman „Cursed Love“ erschienen. Worum geht es?
In der Geschichte geht es um Mia, der kürzlich das Herz gebrochen wurde. Sie fühlt sich sehr verloren nach der Trennung und hat eigentlich so gar keine Lust auf den Urlaub mit ihren Geschwistern. Doch dann entdeckt sie auf der Insel, auf der sie die Ferien verbringt, ganz neue Seiten an sich und ihr Herz beginnt langsam zu heilen. Außerdem trifft sie auf einen Jungen namens Joe Dalca, auf dessen Familie laut Insel-Gerüchten angeblich ein Fluch liegt. Und der hat es ganz schön in sich: Denn angeblich bringt er jeden in Gefahr, der sich in einen Dalca verliebt. Doch das Schicksal hat natürlich besondere Plänen mit Mia und Joe! Das Buch ist allerdings kein Fantasy-Roman, sondern eine Romanze und spielt ein wenig mit dem Glauben an Magie, finstere Legenden und natürlich die einzig wahre Liebe!
Was gefällt dir an deiner Protagonistin Mia besonders?
Mia hat viele Schwächen, lernt aber im Lauf der Geschichte genau in diesen auch ihre Stärke zu finden. Sie ist sehr loyal und liebt mit ganzem Herzen. Außerdem ist sie sehr lustig und fröhlich (wenn ihr nicht gerade das Herz gebrochen wurde). Ich glaube, mit ihr können sich viele Leser*innen identifizieren, weil sie so herrlich chaotisch-normal ist :-D
Welches ist deine Lieblingsstelle in Cursed Love?
Ahh! Fiese Frage! Ich glaube, ich liebe die letzten Zeilen vom Prolog am meisten. Ich hatte beim Schreiben einfach dieses wunderbare Gefühl, dass ein Stück der Magie des Buches sich auch in meinem Leben niedergelassen hat – das fand ich unheimlich schön.
Du schreibst nicht nur Jugendromane, sondern auch Kinderbücher. Ich bin ein Fan deiner neuen Kinderbuchreihe „Die Zuckermeister“. Darin geht es um magische Süßigkeiten, mit denen die „Zuckermeister“ den Bewohnern von Belony helfen. Doch dann brauchen sie selbst Hilfe und bekommen sie von Elina. Wie bist du auf die Idee gekommen?
Ich hatte irgendwann mal so einen etwas verrückten Gedanken, nämlich: Was, wenn man seine Geheimnisse in Süßigkeiten packen könnte – dann würde ein Bösewicht die nur essen müssen und schon hätte er die Macht über alles und jeden. So ganz ging der Gedanke als Geschichte aber nicht auf und irgendwie habe ich dann aber daraus das Konzept für die magischen Süßigkeiten entwickelt – und ich wollte, dass die Protagonistin keine Magie im eigentlichen Sinne hat, weil für mich Freundschaft eben die größte Magie ist.
Was fasziniert dich an Magie?
All die Möglichkeiten, die in ihr liegen! Ich meine, die Welt wäre schon sehr viel anders, wenn es sie gäbe – und tatsächlich glaube ich, dass es Magie auch in unserer Welt gibt. Nämlich in kleinen Gesten des Zusammenhalts, Freundschaft, Familie, Liebe … und anderen Dingen. Ich mag einfach die Vorstellung so unfassbar gerne, dass es Dinge gibt, die wir nicht mit bloßem Auge sehen können! Dinge, die unser Leben positiv beeinflussen.
Elina, deine Protagonistin, ist auf den Covern deiner beiden Bände zu sehen. Mir gefällt sie unheimlich gut, sie wirkt so erfrischend und liebenswürdig. Illustriert wurde sie von Viktoria Gavrilenko. Wie sah die Zusammenarbeit zwischen euch beiden aus? Hast du dir Elina genauso vorgestellt?
Tatsächlich sieht Elina 1:1 so aus, wie ich sie mir vorgestellt habe, denn für jede Illustration, die Viktoria anfertigt, erstelle ich zuvor ein Dokument. Darin beschreibe ich alles bis ins kleinste Detail – und meine Lektorin hilft ordentlich mit. Wir liefern Viktoria also Beschreibungen aus dem Buch und erklären ihr, wie ich mir das alles als Autorin vorstelle. Viktoria spricht auch nur Englisch und kann meine Geschichten leider nicht selbst lesen, daher sind die Beschreibungen für sie auch sehr wichtig. Sie ist aber eine mega tolle Illustratorin und bringt auch selbst noch Ideen ein! Der coole Rahmen vom Cover z. B. war ihre Idee :-D
Du begeisterst auch erwachsene Leser mit deinen Zuckermeistern. Was meinst du, was fasziniert sie an deinen Büchern?
Schwer zu sagen :-D Ich hoffe doch mal die schönen Ideen der Süßigkeiten (an denen sitze ich immer echt lange, haha) oder auch die Freundschaft von Elina, Charlie und Robin. Mir ist Freundschaft mit das wichtigste im Leben, daher baue ich sie immer in meine Bücher ein.
Du hast nach dem Abitur angefangen Kinder- und Jugendbücher zu schreiben und kurz darauf zu publizieren. Wie kam es dazu, dass du Bücher für Kinder und Jugendliche schreiben wolltest?
Wahrscheinlich, weil ich sie selbst sehr gerne gelesen habe. Ich habe schon immer Kinder – und Jugendbücher am liebsten gelesen und deshalb zog es mich dann auch in diese Genres. Ich mag Kinder auch einfach sehr gerne, weil sie so klug und lustig sein und viel mehr können, als Erwachsene ihnen zutrauen. Und mir gefallen die vielen Themen, die beide Genres so bieten: Erwachsenenwerden, erste Male, etwas wagen, mutig sein …
Was reizt dich daran, für das jüngere Publikum zu schreiben?
Kinderbücher zu schreiben ist für mich immer eine Herausforderung, weil damit viel mehr Arbeit verbunden ist, als mit Jugendbüchern – zumindest für mich, was Ideen entwickeln, Schreiben & Co angeht. Aber ich liebe es einfach, wie Kinder die Welt sehen. Kinder sind so offen und frei von Vorurteilen, sie sind mutig und stark und schließen so schnell und einfach Freundschaften und davon können sich Erwachsene echt ne Scheibe abschneiden. Und deshalb habe ich große Freude daran genau solche Dinge in Geschichten umzuwandeln.
Du liebst Hüte, habe ich gelesen. Wann hast du deinen letzten Hut gekauft und wie sieht er aus?
Oh ja, haha. Ich trage fast immer einen :-D Mein letzter Hut-Kauf ist leider aufgrund von Corona schon eine ganze Weile her, daher weiß ich gar nicht mehr, welcher zuletzt einziehen durfte. Aber für mich sind Hüte das, was für andere Postkarten sind – sie erinnern mich immer an besonders schöne Tage, an denen sie zu mir gefunden haben und an besondere Erlebnisse, die ich eben an diesen Tagen hatte.
Nun würde ich gern noch ein wenig über deine Art zu schreiben erfahren. Wie sieht ein normaler Schreiballtag bei dir aus?
Ich bin definitiv der Typ „Nachteule“ und kann nachmittags oder abends am produktivsten sein. Meist beginnt mein Tag etwas später und vor 12 Uhr setze ich mich tatsächlich eher selten an den Schreibtisch. Ich beantworte dann oft zuerst Emails, erledige Bürokram, schreibe mir neue To-Do-Listen und Arbeitspläne und an die „großen Aufgaben“ gehe ich dann im Anschluss. Da passiert dann alles Mögliche – eben immer das, was aktuell die top Priorität ist. Um mal einige Beispiele zu nennen: Schreiben, Lektorat, Telefonate, Plotten & Ideen ausarbeiten. Zwischenzeitlich mache ich mehrere kleinen Pausen, schaue auch mal bei Instagram vorbei oder gehe eine Runde spazieren. Ich sitze oft sehr lange am Schreibtisch – es kommt sogar vor, dass ich bis in die frühen Morgenstunden schreibe und erst in Bett gehe, wenn andere gerade zur Arbeit fahren. Das ist etwas verrückt, aber solche „Phasen“ habe ich doch sehr häufig, wenn zeitaufwändige Projekte anstehen. Es gibt aber auch die Phasen, wo ich schon um 9 Uhr am PC hocke und alles erledige, um ab nachmittags frei zu machen. Die sind aber, um ehrlich zu sein, eher seltener :-D
Setzt du dir Schreibziele? Welcher Art?
Wenn ich eine nahende Deadline habe, rechne ich mir immer ungefähr aus: Wie viele Tage hast du zum Schreiben? Wie viele Wörter willst du circa schreiben? Und dann erstelle ich eine Art Plan. Sagen wir mal, ich habe 4 Monate für ein Buch, dann versuche ich jeden Tag mindestens 1000-2000 Wörter zu schreiben, denn ich möchte vor Abgabe definitiv noch Zeit zum Überarbeiten haben und ich brauche ja auch Tage, an denen ich pausieren kann.
Hast du Rituale oder Herangehensweisen, die dir dabei helfen, regelmäßig zu schreiben?
Ich erledige tatsächlich vor dem Schreiben immer erst „kleinere Aufgaben“, um sozusagen in Gang zu kommen und wenn ich dann anfange zu schreiben, habe ich ja die erste Hürde schon genommen – denn ich arbeite ja bereits. Ich akzeptiere aber auch, wenn ein Tag ganz schlecht läuft und gehe dann raus um den Kopf freizukriegen – das wirkt manchmal Wunder.
Kannst du überall schreiben oder brauchst du eine spezielle Umgebung, um zu schreiben?
Ich würde mal sagen: Ja. Ich kann überall schreiben – Geräuschkulissen stören mich auch null, weil ich so richtig „in the zone“ gehen kann. Allerdings hasse ich es ständig unterbrochen zu werden. Wenn ich also an einem Ort wäre, wo alle 3 Minuten jemand kommt, um mich was zu fragen, würde ich wohl eher mit Nein antworten :-D
Was machst du, wenn du vor dem berühmten weißen Blatt sitzt und einfach nicht vorankommst?
Abstand nehmen. Wenn ich nicht weiterkomme, komme ich nicht weiter. Da muss ich mich selbst austricksen und meinen Kopf erstmal mit was anderem beschäftigen. Später komme ich dann zurück und frage mich, woran es liegen könnte, dass ich nicht weiterkomme. Oft sind kleine Fehler in der Geschichte dran schuld und dann überarbeite ich diese und es flutscht meist auch wieder. Puh, das war jetzt viel „weiter“ und „kommen“, haha.
Planst du oder schreibst du deine Romane einfach drauflos?
Darf ich einfach mal so frech sein und auf meinen Instagram Account verweisen? Dort habe ich eine Reihe gestartet, die sich „Wie ein Buch entsteht“ nennt und ich habe mehrere Postings mit Beispielen gemacht, wie ich plane und wieso :-D Aber: Ja, ich plane! Nicht alles, aber vieles – denn Planen hilft dabei ein erstes Gefühl für eine Geschichte zu bekommen, sich grundlegende Dinge klar zu machen und auch, Probleme zu erkennen, ehe sie im Text entstehen. Ich würde daher auch jedem nahelegen zumindest einen kleinen Plan zu haben!
Wie gehst du bei der Entwicklung deiner Figuren vor? Hast du eine bestimmte Vorgehensweise?
Ich beginne meist mit einem ganz simplen Steckbrief und überlege mir die Basics zu meinen Figuren: wie heißen sie, wo wohnen sie, wie sehen sie aus? Und dann beschäftige ich mich mit ihnen, wie mit echten Menschen und frage mich: was wünschen sie sich? Und wie kannst du ihnen den Weg dahin möglich schwer machen :-D Das sind dann später auch Teile der Konflikte, die meine Geschichte voranbringen und hoffentlich spannend machen.
Hast du immer daran geglaubt, dass du es schaffen wirst, deine Bücher zu veröffentlichen?
Absolut nicht. Anfangs habe ich ja nur für mich geschrieben und nach ersten Bewerbungen kamen sehr viele Absagen in mein Postfach geflattert. Es ist sehr schwer an sich selbst zu glauben, wenn andere (die ja Ahnung haben müssen, weil sie bei einem Verlag sind) dir ständig sagen „lass es lieben“ oder „dein Buch ist nicht gut genug“. Aber mit der Zeit habe ich realisiert, wie sehr ich das möchte, also eine Geschichte veröffentlichen und das mich niemand davon abhalten kann – außer ich selbst. Also habe ich weitergemacht.
Bist du in irgendwelchen Schriftstellerverbänden, zum Beispiel beim BVjA? Hat dir deine Mitgliedschaft in diesem Verband Vorteile als Autorin gebracht?
Aktuell nicht, aber ich finde solche Verbände schon sehr spannend und wollte mir immer Mal die Zeit nehmen mich näher mit dem Thema auseinanderzusetzen :-D
An welchen neuen Projekten arbeitest du gerade?
Ich arbeite aktuell an einer neuen Kinderbuch-Idee, aber über die darf ich leider gar nichts verraten. Nur vielleicht: Selbe Altersgruppe wie die Zuckermeister und auch Magie und Freundschaft werden wieder eine zentrale Rolle spielen!
Inwieweit hat die Corona-Isolation deine Arbeit als Autorin beeinflusst? Konntest du im Vergleich mehr oder weniger schreiben?
Puhh, schwer zu sagen. Da ich von zu Hause aus arbeite hat sich an meinem Arbeitsrhythmus nicht allzu viel verändert. Allerdings ist es für jemanden wie mich, der sehr viel Zeit zu Hause verbringt enorm schwer gewesen gar keinen Ausgleich mehr zu haben durch die Isolation – aber so ging es schließlich jedem. Für mich war es eher schlimm, dass die Buchhandlungen eine Woche nach Erscheinen meines neuen Romans geschlossen wurden, denn so gab es weniger Verkäufe und auch Feedback und das beeinflusst meine Arbeit natürlich auch. Aber generell schätze ich mich doch sehr glücklich über meine Lage, und mir ist es da auch wichtig zu sagen, dass ich eben weiß wie extrem schlimm es für andere war und noch ist und ich in dieser Hinsicht wirklich sehr privilegiert bin.
Gibt es einen Tipp, den du Schreibenden mitgeben möchtest?
Wahrscheinlich könnt ihr den Tipp nicht mehr lesen, aber: Lesen. Aufpassen. Schreiben. Man lernt Schreiben nur durchs Schreiben und aus guten Romane kann man viel dafür mitnehmen. Und: Vergleicht euch nicht mit anderen. Das ist der Tod jeder Kreativität. Ich weiß, leichter gesagt, als getan, aber damit tut man sich echt keinen Gefallen ;-)
Ich danke dir, Tanja, für dieses tolle Interview!
Hier findet ihr Tanja übrigens im Netz:
instagram: @tanjavoosen
Homepage: https://tanja-voosen.de
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