Dennis Staats arbeitet als Projektentwickler in einer großen europäischen Marketingagentur. In den vergangenen 15 Jahren schrieb und veröffentlichte er Gedichte, Kurzgeschichten und Erzählungen. Aktuell erschienen im Mitgift Verlag: Napalmherz. 2018 gewann Dennis Staats den 2. Platz beim zeilen.lauf Lyrikwettbewerb und war Preisträger beim Kärntner Lyrkpreis.
Lieber Dennis, seit wann schreibst du?
Ich habe mit dem Schreiben während meiner Schulzeit begonnen. Ernsthaft betreibe ich es seit meinem Studium. Das sind jetzt etwa 15 Jahre. Ich habe Vergleichende Literaturwissenschaften an der Universität Wien studiert. Wenn man sich so eingehend mit Literatur beschäftigt, denkt man irgendwann: „Das kann ich auch.“ Überraschung, man kann es nicht. Aber ich bin drangeblieben und langsam werde ich besser, hoffe ich.
Wie hast du dir das Schreiben beigebracht? Hast du Kurse besucht?
Gar nicht, eigentlich. Ich habe einfach irgendwann damit angefangen und nicht mehr aufgehört. Ich denke ein guter Ausganspunkt für jeden angehenden Schriftsteller ist das Lesen. Man muss sich anschauen, wie es die richtig guten Autoren machen und dann kann man schon das eine oder andere lernen. Auf die Idee einen Schreibkurs zu besuchen bin ich hingegen nie gekommen. Es ist mir einfach niemals in den Sinn gekommen mir von jemand anderen zeigen zu lassen, wie ich mich ausdrücken soll. Dafür ist Schreiben für mich ein zu persönlicher Vorgang.
Ergänze bitte den Satz „Schreiben ist …“
... eine Notwendigkeit. Kunst kommt von „Müssen“. Diese Aussage konnte ich schon immer vorbehaltlos unterschreiben.
Du schreibst Gedichte, Kurzgeschichten und Novellen. Was thematisierst du in deinen Gedichten und Geschichten?
Ich halte mich durchaus für einen kritischen Autor. Das heißt, ich versuche in meinen Texten die Zeit, in der wir leben und aktuelle Vorgänge kritisch auszuleuchten. Davon abgesehen, habe ich aber keine thematische Fokussierung.
„Napalmherz“ ist vergangenes Jahr im Mitgift Verlag erschienen. Wie bist du auf diesen Titel gekommen und was erwartet die Leser in deinem Lyrikband?
Die Inspiration dafür kam von einem Songtext von Iggy Pop. Er singt darin von einem „Herz voller Napalm“. Ich fand das ein schönes Bild und irgendwie passend für die Wut aber auch die Leidenschaft, die ich in meine Gedichte packe.
Wie ich den Rezensionen auf amazon entnehmen konnte, lieben deine Leser deine prägnante Sprache, deine ehrliche, direkte Art, dich mit Tiefsinn auch in aller Kürze auszudrücken. Würdest du uns eine Kostprobe geben?
Es freut mich natürlich, wenn Leute das so sehen, da ich die Reduktion tatsächlich als eines meiner wichtigsten Stilmittel erachte. Einen Text auf das Essentielle zu reduzieren kann mitunter sehr schwer sein. Weil man sein eigenes Ego ständig aktiv in den Hintergrund drängen muss. Hier ein Versuch:
Der lange Weg nach Hause
Der lange Weg nach Hause
ist eine schmale,
weiße Linie
im schwarzen Sand
der Zeit.
Der Geist am Beifahrersitz
betrachtet die
Schatten im Rückspiegel
mit der Gelassenheit
des Vergessenen.
Mehr Textproben von mir gibt es auf dem Mitgiftler Portal: https://www.mitgiftler.at/de/autoren/autor/staats-dennis
2016 hast du mit „Faktor 9“ als Selfpublisher veröffentlicht. Darin geht es um den gescheiterten Musiker Hades Jones, der sein Dasein nun als Drogendealer in NY fristet. Nachdem er eine neue Designerdroge ausprobiert hat, wacht er auf einem verlassenen Parkplatz auf. Der Auftakt zu einem Höllentrip in die Unterwelt. – Inspiriert wurdest du offensichtlich von Dantes Göttlicher Komödie.
Welche zeitgenössischen Inspirationen verarbeitest du?
Während meines Studiums habe ich mich ziemlich eingehend mit postmoderner Literatur im englischsprachigen Raum beschäftigt. Paul Auster. Chuck Palahniuk. Bret Easton Ellis. Auch die aktuelle Bizarro Fiction Bewegung interessiert mich sehr, obwohl sie im deutschen Sprachraum leider noch nicht so richtig Aufmerksamkeit erregt. Carlton Mellick zum Beispiel. Ich denke, dass dieses Genre schon auch ein bisschen auf Faktor 9 abgefärbt hat. Aber natürlich ist Dante ein anderes Kaliber. Sein Werk hat nicht nur die italienische Sprache, wie wir sie kennen, geprägt, sondern auch unsere gesamte Vorstellung vom Jenseits. Das sind ziemlich große Fußstapfen.
Wie sieht dein Schreiballtag aus?
Hast du Rituale oder Herangehensweisen, die dir dabei helfen, ins Schreiben zu kommen?
Musik hilft mir eigentlich immer kreativ zu werden. Ansonsten habe ich keine großartigen Tricks anzubieten. Für mich ist beim Schreiben wichtig, dass der erste Entwurf immer per Hand geschrieben wird. Stift auf Papier. Unabhängig von Gattung oder Länge des Textes. Das hilft mir dabei, frei zu schreiben. Ohne auf stilistische oder formale Kriterien Rücksicht nehmen zu müssen.
Setzt du dir Schreibziele? Welcher Art?
Eigentlich nicht. Ich versuche jeden Tag etwas zu schreiben. Und wenn das nicht klappt, versuche ich zumindest etwas abzutippen, zu überarbeiten oder zu korrigieren. Aber um ehrlich zu sein gelingt mir auch das nicht jeden Tag. Und das ist auch gut so. Denn es gibt nichts Ermüdenderes als zu schreiben, ohne etwas zu sagen zu haben.
Arbeitest du an einem aktuellen Projekt? Worum geht es und wann erscheint es?
Faktor 9 wird demnächst im Mitgift Verlag neu aufgelegt. Außerdem habe ich gerade eine längere Erzählung fertig gestellt. Die liegt gerade beim Lektor. Auf das Erscheinen dieses Textes freue ich mich schon sehr, weil er völlig anders ist, als alle meine bisherigen Texte. Sehr persönlich, aber (hoffentlich) sehr humorvoll. Ich denke, dass er einige meiner Leser doch überraschen wird.
Du bist Mitglied in der Literaturinitiative BUCH13, Kärntens größte Autorenvertretung. Was sind für dich als Mitglied die größten Vorteile?
Initiativen wie BUCH13 sind enorm wichtig für junge Autoren, da sie dir Bühne und Publikum gleichermaßen bieten. Sie kreieren eine Szene, in der man sich mit Gleichgesinnten austauschen und sich Feedback holen kann. Man kann lernen und man kann als Autor wachsen. In Zeiten von knappen Kulturbudgets wird Kunst, vor allem Literatur, immer mehr aus dem öffentlichen Raum verdrängt. BUCH13 hilft mit Dutzenden, regelmäßigen Veranstaltungen diesen öffentlichen Raum für die Literatur zu erkämpfen und ihr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Auch vonseiten der Presse.
Du bist/warst Selfpublisher. Was ist deiner Meinung nach besonders wichtig, wenn man als Selfpublisher unterwegs ist? Hast du drei Tipps für Autoren, die nicht im klassischen Verlag veröffentlichen möchten?
Ich bin eigentlich kein Selfpublisher mehr, da ich seit letztem Jahr beim Mitgift Verlag unter Vertrag bin. Der große Vorteil bei einem klassischen Verlag zu sein, ist natürlich die Arbeitsteilung. Wichtig ist, dass man mit seinem Verlag ein partnerschaftliches Verhältnis pflegt. Da habe ich mit meiner Verlegerin wirklich großes Glück. Der große Vorteil, den man als Selfpublisher hat, ist die kreative Freiheit. Man kann über Inhalt und Gestaltung seines Buches frei entscheiden. Leider sehen das viele Autoren ein bisschen als Freibrief für Schlampigkeit. Dabei wäre genau das Gegenteil wichtig. Wenn man selbst verantwortlich ist, muss man noch höhere qualitative Ansprüche an sich stellen. Und bitte, holt euch Hilfe. Ein professionelles Lektorat, ein professionelles Design, etc. sind auch als Selfpublisher unerlässlich. Ein Tipp wäre darauf zu achten, wirklich freiberufliche Lektoren und Grafiker zu engagieren. Finger weg von Zuschussverlagen. Das ist meist Abzocke.
Wo können dich deine Leser im Internet finden?
Homepage: www.doomsday-books.com
Facebook: https://www.facebook.com/DennisStaatsOfficial
Twitter: https://twitter.com/DoomsdayBooks
Bildnachweise:
Bild 1 (im Text): Sujet für die Frankfurter Buchmesse 2015 – Copyright Hannes Pacheiner
Bild 2 (Vorschaubild): Autorenportrait – Copyright Philipp Derganz
Bild 3 (oben): Textpräsentation zeilen.lauf 2018 im Arnulf Rainer Museum in Baden (2.Platz lyrikwettbewerb) – Copyright art experience
Bild 4 (oben): Napalmherz (Lyriksammlung erschienen im Mitgift Verlag, Wien, 2018)