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8 TECHNIKEN, UM SPANNUNG ZU ERZEUGEN, ZU HALTEN UND ZU STEIGERN

 

Rezensenten von literarischen Büchern beantworten vor allem eine Frage: War das Buch spannend? Weist ein Buch keine Spannung auf, versiegt die Spannung schon nach ein paar Seiten, ist es aus mit der Gunst des Lesers. Und dies gilt nicht nur für Krimis oder Thriller, sondern für jedes andere Genre ebenso.

 

Doch was ist eigentlich Spannung und wie erreicht man sie? 

 

Spannend ist ein Buch, wenn ein Leser weiterliest, egal wie spät es ist oder wo er sich gerade befindet. Wenn der Leser in der Welt des Buches eintauchen konnte, sich mit einer Figur identifiziert oder mit ihr leidet. Und damit sind wir schon bei der ersten Technik, wie Spannung erzeugt wird: die Identifikation des Lesers mit einer Figur. Im folgenden werde ich Ihnen acht Techniken vorstellen, wie Sie Ihren Leser dazu bringen, gefesselt weiterzulesen.

Diese Liste ist natürlich nicht vollständig und kann jederzeit ergänzt werden. Auf Konflikte gehe ich an dieser Stelle nicht ein, weil dieses Wissen zu den Basics des Romanschreibens gehört. Ich habe noch immer einen Schreiblehrer von mir im Ohr, der sagte: Konflikte sind das A und O von spannenden Geschichten. Konflikte. Konflikte. Konflikte. Stimmt, aber wir können noch mehr tun, um die Spannung zu erhöhen:

 

Identifikation mit einer Figur

Legen Sie bei Ihrer Arbeit an Ihrem Roman viel Wert auf die Ausarbeitung Ihrer Figuren. Erschaffen Sie Figuren, mit denen Sie Ihren Leser überzeugen. Wenn er sich mit einer Ihrer Figuren identifiziert, haben Sie Ihren Leser schon auf Ihrer Seite. Der Leser will mit der Hauptfigur mitfiebern, mitfühlen, mitdenken. Doch dazu darf die Figur nicht oberflächlich bleiben. Sie muss eine eigene Persönlichkeit haben und Statements abgeben, die sich nicht widersprechen. Lernen Sie deshalb Ihre Figuren ganz genau kennen.

 

Unmittelbarer Einstieg

Wenn Sie Ihren Leser gleich zu Beginn mitten in eine Szene stoßen, ohne auf die Figur, das Setting oder die Zeit einzugehen, erzeugen Sie bei Ihrem Leser Unklarheiten. Sie führen Ihren Leser  also nicht erst zur Handlung hin, sondern beginnen unmittelbar und fordern ihn somit auf, sich selbst zurechtzufinden. Unklarheiten erzeugen Fragen, die ihn dazu anregen, weiterzulesen.

 

Etwas Unerwartetes geschieht

Spannung entsteht immer dann, wenn der Leser (und die Figuren) überrascht werden: Die Familie freut sich auf einen erholsamen Campingausflug, fährt auf einen Platz in den Bergen, wo sie schon immer hinfahren. Doch als sie ankommen, ist der Campingplatz leer. Niemand ist da, obwohl  bisher in den Sommerferien immer alle Plätze belegt waren. Was war geschehen? Wieso sind sie allein auf dem Platz? Warum ist es so still? Wenn etwas Unerwartetes geschieht, erzeugen Sie Fragen bei Ihrem Leser. Fragen, die er beantwortet haben möchte. Er liest also weiter.

 

Andeutung

Eine Andeutung ist ein einfaches Stilmittel, das einen Spannungsbogen erzeugen kann, indem etwas nur ganz beiläufig in einem Satz erwähnt wird, was in einer späteren Szene aber großes Gewicht hat. Andeutungen zur Vergangenheit oder Zukunft können sogar durch mehrere Kapitel oder durch das gesamte Buch hindurch getragen werden: Ein gelungenes Beispiel, wo Andeutungen über einen längeren Zeitraum Spannung erzeugen und halten, ist das Buch „Helenas Geheimnis“ von Lucinda Riley: Darin trifft eine verheiratete Frau nach langer Zeit einen Mann wieder; an einem Ort, an dem sie sich vor vielen Jahren kennen gelernt haben. Sie unterhalten sich ganz normal, doch sie bleibt auf Distanz. Andere Figuren beobachten, dass der Mann in sie verliebt zu sein scheint. Der Mann trägt einen ähnlichen Namen wie ihr Sohn. Schnell stellt sich der Leser die ersten Fragen: Waren die beiden ein Paar? Ist der Sohn womöglich von ihm? Warum bleibt sie so distanziert? Was geht in ihm vor? Es gibt in diesem Buch zahlreiche Andeutungen, doch die Auflösung folgt erst nach vielen vielen Seiten. Andeutungen können sehr spannend sein, wenn sie richtig angewendet werden.

 

Rückblenden und andere strukturelle Maßnahmen

Unterbrechen Sie eine Handlung, indem Sie eine Rückblende einschieben. Für den Leser ist diese Unterbrechung des Handlungsstranges oft eine äußerst unliebsame Sache. Sie reißen ihn förmlich aus dem Geschehen heraus. Mit dieser Verzögerung bauen Sie Spannung auf, wenn Sie beispielsweise von einer actionreichen Szene zu einer ruhigeren wechseln. Zudem können Sie mit einer Rückblende neue Fragen aufwerfen. Aber auch hier gilt, noch mehr als anderen Spannungsmitteln: immer sparsam mit Rückblenden umgehen.

 

Innere Monologe

In einem inneren Monolog spricht sich eine Figur selbst an; einen Gesprächspartner gibt es nicht. Die Selbstansprache findet in der Regel gedanklich statt, kann aber durchaus auch laut geschehen. Häufig stellt sich eine Figur im inneren Monolog Fragen, macht sich Vorwürfe oder schmiedet Pläne. Dabei wird sie nicht von einer dritten Person oder dem Erzähler unterbrochen. Der Leser hat das Gefühl, direkt an der Gedankenwelt der Figur teilzuhaben. Der innere Monolog beginnt unmittelbar und wird nicht durch „sagte er zu sich“ oder „dachte sie“ eingeleitet. Gedankensprünge sind in einem inneren Monolog erlaubt, jedoch werden sie nicht so extrem genutzt wie bei der Methode des Bewusstseinsstroms. Der innere Monolog hat sich in Konflikt- und Entscheidungssituationen bewährt: Die Figur kann darin Probleme analysieren oder Entscheidungen abwägen.

 

Kurze Sätze, lange Sätze

Das Leseverhalten wird von der Länge eines Satzes beeinflusst. Kurze Sätze in Folge werden in Szenen eingesetzt, in denen Spannung aufgebaut werden soll. Beispiel: Sie beobachtete, wie er die Tür schloss. Eilig nahm sie den Autoschlüssel und lief die Treppen hinunter. Hinter ihr knackte es. Nur nicht stehen bleiben. Nicht umsehen. Einfach laufen. Sie rannte um ihr Leben. Hier geht es darum, den Lesern die Brisanz einer Situation zu verdeutlichen. Mit kurzen Sätzen drücken Sie also aufs Tempo. Längere Sätze wie in Beschreibungen entschleunigen dagegen den Leser in seinem Leseverhalten.

 

Cliffhanger

 

Ein Klassiker, der nicht unerwähnt bleiben sollte, ist der Cliffhanger: Führen Sie Ihren Leser bis zu einem bestimmten Punkt und beenden Sie dann die Szene an einer besonders spannenden Stelle. Fragen bleiben offen und der Leser wird danach gieren, weiterzulesen.

 

Dieser Artikel wurde in der Qwertz 04/2016 veröffentlicht.

 

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